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Rory Johnson + Andreas Betza: "Wir wollen den German Bowl."

Aktualisiert: 27. Apr. 2021

Es ist Mitte Januar 2020, der Freitag vor den Championship Games in der NFL. Beim GFL-Team der Berlin Rebels steht Hallentraining an. Grundlagen schaffen für die Saison. Ich bin verabredet mit Rory Johnson (Linebacker) und Andreas Betza (Running Back). Der Eine spielte im College bei Ole Miss zusammen mit Jungs wie Michael Oher & Patrick Willis und war mal knapp dran an der NFL, der andere ist französischer Nationalspieler und würde für gutes Hähnchen so einiges tun. Vor der Halle treffe ich auf einen gut gelaunten Rory Johnson. Seine Frage, ob ich aus Berlin komme, wird von mir bejaht. Mein Einwand, er komme aus Mississippi beantwortet er mit den Worten „Yeah, from Vicksburg“. Ich kann mir nicht verkneifen, ihm zu sagen, dass es auf Deutsch ziemlich lustig klingt. Rory lacht herzhaft. Kurz darauf stößt Anne Kadler (Teammanagerin der Rebels Seniors) dazu und wir betreten die Halle. Drinnen wartet bereits Andreas Betza. Das Interview kann starten. Lest nun selbst, was die Jungs zu sagen haben.


Wie kamst du zum Football? Wann und wo hast du angefangen zu spielen?


Rory: Ich begann mit 8 Jahren mit Vereinsfootball. Vorher spielte ich 1 Jahr Fußball, weil ich noch zu jung war für Football. Football war meine erste große Liebe, abgesehen von meiner Mum.

Rory Johnson Berlin Rebels Berliner Pilsner American Football
Rory Johnson Foto: Christian Goßlar

Andreas: Bei mir war es ein bisschen anders. Ich begann erst mit 18, spiele jetzt also seit 10 Jahren. Ich sah damals den Film „Spiel auf Bewährung“ mit Dwayne „The Rock“ Johnson & Xzibit und sagte mir „Das will ich auch machen!“.


Welche Vorbilder hattest du in deiner Kindheit/Jugend? Wer hat dich inspiriert?


Rory: Bei mir war es mein Dad. Er war Lehrer für Gesundheitswissenschaften und spielte selber Football als Safety & Running Back am Delta State College (Division II). Er sagte immer zu mir, wenn ich wirklich Football spielen möchte, dann müsse ich dem Football mein Leben widmen. 28 Jahre später, spiele ich immer noch.

Andreas: Ich hatte nicht wirklich Vorbilder. Aber ich schaute eines Tages ein Spiel der Panthers gegen die Seahawks und sah Jonathan Stewart. In seiner Art zu spielen, erkannte ich mich wieder.


Welcher Trainer hat dich in deiner Karriere am Meisten beeinflusst?


Rory: Das war Timothy Young, mein City League-Coach. (Eine Amateurliga für Kinder & Jugendlich

Andreas Betza Berlin Rebels Berliner Pilsner American Football
Andreas Betza Foto: Christian Goßlar

e, Anm. der Red.). Er impfte uns immer ein, härter zu spielen, alles zu geben. Als Kind sah ich viele Spiele, sah Spieler wie Steve McNair, oder Brett Favre. Als ich aufwuchs, brachte er mir bei, dass ich alles erreichen kann, was ich will, wenn ich nur hart genug dafür arbeite.

Andreas: Bei mir war es mein erster Coach. Ich begann mein Sportstudium mit 18 und er sah Dinge in mir, die kein anderer sah. Er war der Meinung, dass in 1-2 Jahren ein guter Spieler aus mir werden könnte und er wollte mich unbedingt im Team haben. Er brachte mich in die Juniorennationalmannschaft und auch Jahre später drängte er mich weiter dazu, noch härter zu trainieren. Ohne ihn, wäre ich jetzt nicht dort, wo ich bin.


Wo siehst du deine Stärken & Schwächen?


Rory: Meine Stärke ist mein Speed und meine Art zu spielen. Auf dem Feld bin ich zäh und ein guter Anführer. Andere Teams haben Defenses voller Stars. Ich bin seit langer Zeit ein Rebel und kann aus jedem der Berliner Jungs einen Star machen und ihnen den Glauben schenken, dass wir alles erreichen können. Schwächen habe ich nur eine: Pass Coverage (lacht). Das liegt wohl daran, dass ich immer das Tackle im Run Game machen will. Abgesehen davon, muss ich als Anführer immer voran gehen, darf nicht einknicken. Wenn ich einknicke, knickt das Team ein! Manchmal ist es ein kleiner Kampf mit sich selbst. Auch wenn du mal etwas abbekommst, musst du einfach weitermachen.

Andreas: Meine Stärken sind mein Speed, und meine körperlichen Voraussetzungen. Ich bin klein & robust, das kommt mir zu Gute. Darüber hinaus ziehe ich Kraft aus der Unterstützung abseits des Feldes. Meine Mum zum Beispiel, hatte damals 3 Jobs, um mir mein Studium zu finanzieren und mir den Sport zu ermöglichen. Meine Schwäche, wenn man das so sagen kann, ist meine ruhige Art auf dem Feld. Rory ist ein echter Anführer. Wenn er etwas sagt, hört jeder zu. Ich versuche dem Team eher durch meine Art zu spielen etwas zu geben.

Rory: Als ich jung war, war ich ein Verrückter. Ich wurde oft des Feldes verwiesen (lacht).


Was zeichnet euch als Team besonders aus und unterscheidet euch von anderen Teams?


Rory: Oh, das ist einfach! Dieses Jahr wird meine 10. Saison bei den Rebels und wir sind wie eine Familie. Wir haben viele Deutsche, speziell Berliner Spieler im Team und viele bleiben lange bei uns. Jungs die 2010 schon mit mir zusammen spielten, stehen immer noch neben mir auf dem Feld.

Andreas Betza Berlin Rebels Tanktop
Andreas Betza vor dem Kick Off. Foto: Christian Goßlar

Andreas: Wie Rory schon sagte, sind die Rebels etwas Besonderes. Durch den Vergleich mit meinen vorherigen Teams, kann ich sagen, dass ich es wirklich fühle! Die Rebels sind für jeden Spieler da, und das nicht nur während der Saison. Es gibt Teams, bei denen wirst du als Spieler in der Off Season etwas vernachlässigt. Das ist hier nicht der Fall. Ich bin sehr dankbar und lebe nun sogar in Berlin, da mir der Verein hier auch einen Job verschafft hat. Ich kann es mit einem Wort zusammenfassen: Family! Viele reden davon, aber hier wird es wirklich gelebt.


Welche Ziele als Team habt ihr für die neue Saison?


Rory: German Bowl! Das wird mein letztes Jahr als Footballer und ich möchte etwas mitnehmen. Und ich möchte viele Gegner stoppen. Achtet also auf die Nummer #44. Ich werde euch ärgern. Ich habe böse Gedanken in mir und es war ein langer Winter. Also kommt mir nicht in die Quere (schmunzelnd).


Du wirst also deine Karriere nach der Saison beenden?


Rory: Ja, ich werde aufhören. Vielleicht beantrage ich einen Spielerpass und komme zurück, wenn Not am Mann ist. Es war bis heute eine lange Karriere. In 2 Monaten werde ich 34, ich spiele seit 28 Jahren und die Tackles nehmen kein Ende. Mittlerweile dauert es 2 Tage, um mich zu erholen (lacht).


Rory zu Andreas: Was möchtest du dieses Jahr erreichen?


Andreas: Als Team ganz klar den German Bowl! Ich möchte die Nummer 1 sein. Ich bin es leid, etwas von Top 5 zu hören. Wir möchten dieses Ziel erreichen.


Welchen Ort der Stadt findest du besonders spannend? Wo hältst du dich gerne auf?


Rory: Als ich nach Berlin kam hielt ich mich viel in Mitte auf, fand den Ku ́damm cool. Mittlerweile bin ich in der ganzen Stadt zu Hause und kann sagen „Ich bin ein Berliner“. Abgesehen von Vicksburg, ist Berlin zu meiner zweiten Heimat geworden.

Andreas: Im Winter gehe ich nicht raus, da ist es mir zu kalt (schmunzelnd). Im Sommer zieht es mich in den Treptower Park. Dort kannst du alles machen, was du willst. Ich mag das. Außerdem bin ich gern bei Risa Chicken (beide lachen). Ich glaubte Leuten nicht, die mir erzählten, dort gibt es besseres Chicken, als bei KFC. Aber ich habe es probiert und muss sagen, es stimmt! Du solltest es mal probieren. Und als letztes Fitness First. Ernsthaft. Du hast dort alles: Solarium, Sauna,Pool...

Für mich ist das wie ein Geschenk. Im Winter ist das der beste Ort.


Andreas, du bist gebürtiger Kameruner, aufgewachsen in Frankreich. Wie kamst du zu deinem recht ungewöhnlichen Vornamen?


Andreas: Mein Onkel sprach mit meiner Mum und sagte „Ich habe einen guten Namen für dein Baby: Andreas!“. Und meine Mum meinte „Ja, klingt sehr gut. Dieses Baby soll Andreas heißen.“


Wie kam dein Engagement 2016 in Serbien zu Stande? Serbien ist ja nicht gerade als große Footballnation bekannt.


Andreas: In Frankreich endet die Saison im Juni oder Juli, je nachdem, ob man es in die Playoffs geschafft hat. Ein ehemaliger O-Liner meines damaligen Teams, Dejan Jankovic, ging zurück nach Serbien und fragte mich und einen Freund, ob wir nicht Lust hätten, den Serbian Bowl zu gewinnen. Die letzten 5 Jahre kam der Meister aus Belgrad und gewann so ziemlich alles. Aber er meinte, dass wir zusammen die Chance hätten, Belgrad zu schlagen. Also ging ich nach Serbien. Das war das erste Mal, das ich außerhalb Frankreichs spielte.

Andreas Betza Berlin Rebels
Mit ihm läufts: Andreas Betza Foto: Christian Goßlar


Rory, du hast auf dein Senior-Jahr bei Ole Miss verzichtet und dich zum Draft angemeldet. Alte Ole Miss-Kollegen (u.a. Patrick Willis, Michael Oher, BenJarvus Green-Ellis, Jamarca Sanford, Greg Hardy) haben es in die NFL und teilweise zu Pro Bowl-Ehren gebracht. Hast du diese Entscheidung je bereut? Denn durch ein weiteres Jahr am College, hätten deine Chancen im nächsten Draft evtl. deutlich besser gestanden.


Rory: Ja, manchmal schon. Aber ich kam als All-American ans College und wusste, ich will dort nur 3 Jahre verbringen. Im Endeffekt hat alles was passierte, mich zu dem Menschen gemacht, der ich jetzt bin. Ich bin zufrieden und alles ist gut so, wie es ist. Niemand weiß, wie sich alles mit anderen Entscheidungen entwickelt hätte.


Du hast damals in Green Bay 4 Monate verbracht und die gesamte Saisonvorbereitung mitgemacht. Wie knapp bist du am Cut gescheitert? Wer überbrachte dir die Nachricht, dass du nicht im 53-er Kader bist und wie hast du diesen Moment erlebt?



Rory Johnson Berlin Rebels Headphones
Neben dem Platz sehr relaxt: Rory Johnson Foto: Christian Goßlar

Rory: Das verrückte ist, dass ich wahrscheinlich der letzte war, der gecuttet wurde, denn ich wurde erst gegen 19/20 Uhr ins Büro bestellt. Ich weiß nicht mehr, wer mich anrief, um ins Büro zu kommen, aber dort erfuhr ich es dann von Coach(Mike) McCarthy (Mittlerweile Haed Coach der Dallas Cowcoys, Anm. d. Red.). Für mich war das, nachdem ich schon so lange spielte und immer einer der Besten war, eine schwierige Situation. Ich sagte mir „Vielleicht war es nicht das richtige Umfeld, vielleicht hat das System nicht gepasst, vielleicht habe ich mich nicht gut genug vorbereitet.“ Ich musste mich davon erst einmal erholen und wieder aufrappeln, um mir dann zu sagen „Ok, dann versuch es halt woanders.“


Andreas, warum hast du dich für die Rebels entschieden? War es wirklich nur aufgrund von Empfehlungen einiger Kollegen aus der Nationalmannschaft und der Tatsache, dass es in Berlin das vermeintlich beste Hähnchen Deutschlands gibt?


Andreas: Um ehrlich zu sein, war ich nach meiner Zeit in Frankfurt etwas enttäuscht. Importspieler aus den USA bekamen dort mehr Spielzeit als die Anderen, auch wenn sie nicht so gut waren. Also wollte ich zurück nach Frankreich, um dort zu spielen. Aber am Ende konnte ich das nicht. Mir fehlte dort die Herausforderung. Ich musste zurück nach Deutschland in die GFL, weil es die beste Liga Europas ist. Ich mag den Wettbewerb hier, ich mag es, wie man sich um die Spieler kümmert. Also versuchte ich im Januar wieder nach Deutschland zu kommen, was nicht so leicht ist. Viele Kader stehen bereits fest, Transferbudgets sind ausgegeben. Also nahm ich Kontakt zu einem alten Coach aus Frankfurt auf. Dieser versuchte mich bei verschiedenen Teams anzubieten. Die ersten die sich meldeten, waren die Rebels. Coach Kim Kuci (HC von 2016-2019) wollte mich im Team und für mich war es eine gute Gelegenheit mein Können zu beweisen, da ich als Starter vorgesehen war.


"Coach" Esume ist mittlerweile sehr bekannt und vielen Fans ein Begriff. Was zeichnet ihn als Trainer besonders aus? An welches Erlebnis mit ihm erinnerst du dich gern zurück?


Andreas: Das einzige „Erlebnis“, war eine Einladung zur Nationalmannschaft, der ich nicht nachkommen konnte. Ich war mitten in der Saison mit Frankfurt und musste ihm absagen. Er war enttäuscht, aber letztlich hat er es verstanden. Als Trainer hat er Dinge erreicht, die vorher niemand schaffte. Er kam nach Frankreich und wir gewannen sofort die World Games und wurden Europameister. Das war unglaublich! Er ist sehr sozial im Umgang mit seinen Spielern. Im Training wurde viel gelacht,es wurden Späße gemacht und Fotos mit ihm geschossen.


Wie stehst du zu seinem neuen Engagement in Elmshorn (Esume sollte Defensive Coordinator werden, Anm. d. Red.) und wie wird eure Begrüßung ausfallen, wenn ihr euch am Spieltag seht?


Andreas: Wir werden uns freundlich begrüßen, aber jeder wird fokussiert aufs Wesentliche bleiben. Immerhin wollen wir beide gewinnen. Abseits des Spielfeldes sieht das anders aus. Da unterhalten wir uns ganz normal, erzählen uns Witze. Über sein Engagement in Elmshorn freue ich mich aus verschiedenen Gründen. Elmshorn kommt aus der GFL 2 und er wird die Qualität auf dem Gridiron deutlich steigern. Und ich hoffe, dass er vielleicht meinen Freund und Runningbackkollegen aus der Nationalmannschaft, Stephen Yepmo, nach Elmshorn holt.


Rory, Michael Ohers Leben gab die Vorlage zum Film "Blind Side". Wie hast du ihn damals wahrgenommen, bzw. wie ist er als Mensch? Er zeigte sich nie besonders glücklich mit dem Film, da er als begriffsstutzig und langsam charakterisiert wurde.


Rory: Das war etwas seltsam für mich. Ich nannte ihn „Big O.“ Er war ein Jahrgang unter mir. Ich war Junior, er Sophomore. Von Anfang an merkte ich, dass er ein cooler Typ ist. Er half mir, meinen Pass Rush zu verbessern. Als ich den Film sah, war ich schockiert. Das ist nicht Big Mike! Big O. ist einer der lockersten und entspanntesten Menschen, die ich je traf. Ich mag ihn.


Dein Ex-Trainer bei Ole Miss, Coach O. (Ed Orgeron) gewann vor Kurzem die National Championship mit LSU. Was zeichnet ihn als Trainer aus? Was füreine Art Mensch ist er? Und was zur Hölle ist mit seiner Stimme passiert?



Rory Johnson Berlin Rebels Berliner Pilsner American Football
Auf dem Platz ein Biest: Rory Johnson Foto: Christian Goßlar

Rory: Die Sache mit seiner Stimme ist so: Er kommt aus dem Süden von Louisiana. Man spricht dort „Créole“, eine Mischung aus Französisch, Spanisch & Bayou-Slang. Dieser Sprachmix ist schwierig in der Aussprache und nach so langerZeit, hat er einfach seine Stimme verloren, weil er zu viel schrie. Ich kann gar nicht so viel über ihn sagen. Auf jeden Fall ist er einer der besten Recruiter des Landes. Als ich zu Ole Miss kam, hatten wir eine Top Ten Recruiting-Class. Ich war in einem Team mit einem der besten Linebacker, die je in der NFL spielten: Patrick Willis. Von ihm lernte ich viel. Coach O. brannte vor Leidenschaft und versuchte immer, diese Leidenschaft auf uns Spieler zu übertragen. Und er brachte Spieler aus dem ganzen Land zusammen. In meiner Zeit bei Ole Miss, kamen gerade 2 Spieler aus meiner Region. Der Rest der Spieler war nicht aus Mississippi.



Letzte Frage: Wer gewinnt den Super Bowl?


Rory: Ich halte zu Tennessee, weil dort mein Freund Malcom Butler spielt.

Andreas: Ich denke die Chiefs. Aber auch die 49ers sind gut. Sie haben Nick Bosa. Er ist überall auf dem Feld.


So begann alles bei mir. Mein erstes Interview war "im Kasten" und die Leidenschaft war entfacht. Festzuhalten bleibt, dass ein unsägliches Virus die Saison verhinderte und dafür sorgte, dass Elmshorn nun den Rückzug aus der GFL angetreten hat. Dafür bewies Andreas Betza ein gutes Näschen was seinen Super Bowl-Tip angeht, denn beide von ihm genannten Vereine standen sich bekannlich dort gegenüber.

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