In unserem letzten Interview mit Sven Breidenbach blieb die Frage offen, ob der Traum CFL für ihn noch lebt. Die Antwort auf diese Frage, hat sich im folgenden Interview versteckt. Darüber hinaus erzählt er uns auf gewohnt sympathische Art und Weise, was er im letzten Jahr so trieb. Auch wird viel Lob von ihm verteilt, aber auch Missstände angeprangert. Von der letzten Frage zeigte er sich sichtlich überrascht, aber meisterte auch diese mit Bravour.
Hallo Sven. Danke, dass du dir Zeit für uns nimmst. Erzähl uns doch bitte kurz, wie es dir seit unserem letzten Gespräch im April 2020 ergangen ist.
Eigentlich ganz gut. Klar war man frustriert, da der CFL-Draft (Anm.d.Red.: Canadian Football League) erst mehrmals verschoben und später ganz abgesagt wurde, und man jede Menge Zeit in die Vorbereitung investiert hat. Später wurde auch in Deutschland alles abgesagt. Ich hatte aber Glück, dass die Wroclaw Panthers auf mich aufmerksam wurden. Wir hatten ein, zwei Gespräche, die wirklich gut verlaufen sind. Nachdem die CFL-Saison dann auch offiziell abgesagt wurde, fragte ich Thiadric Hansen (Anm. d. Red.: deutscher Linebacker bei den Winnipeg Blue Bombers), ob er nicht Lust hätte, mit mir gemeinsam in Wroclaw zu spielen. So sind wir beide bei den Panthers gelandet und hatten auch ein echt gutes Jahr dort.
Wie kam der Kontakt zu den Panthers zu Stande?
Über die Internetseite europlayers.com, auf der man sich als internationaler Spieler einschreiben kann. Wir hatten dann Kontakt über Skype und man ist sich schnell einig geworden. Die Chemie stimmte von Anfang an, und ich war direkt auf einer Wellenlänge mit dem Trainer, was mir auch wichtig war. Es hat einfach gepasst!
Erzähl uns über die Saison. Du hast schon durchblicken lassen, dass es wohl nicht allzu schlecht für euch lief.
Wir haben alles gewonnen. Die Saison war auf sieben Spiele verkürzt, dazu hatten wir noch ein Freundschaftsspiel gegen die Dresden Monarchs. Am Ende standen also 8 Siege und 0 Niederlagen in der Bilanz. Unser Punkteverhältnis war auch überragend. Es war ein sehr, sehr gutes Team, dazu gut gecoacht. Aufbau und Struktur dort sind super, davon kann sich so manch deutsches Team eine Scheibe abschneiden.
Kommen wir zur neuen Saison: Wie geht es für dich weiter? Ziel Nummer 1 dürfte weiterhin der CFL-Draft sein, welcher am 15. April stattfindet. Gibt es Pläne, falls es mit Kanada nicht klappt? Gehst du zurück nach Wroclaw, die ja zur neuen Saison in der neugegründeten ELF (Anm.d.Red.: European League of Football, eine neue Profiliga) antreten werden, oder zöge es dich eher zurück in die Heimat, zu den Cologne Crocodiles?
Die Vorbereitung läuft momentan ganz klar in Richtung CFL. Ich konnte in Polen durchgehend trainieren und habe mich für Deutschland um eine Sondergenehmigung gekümmert. Falls es nicht klappen sollte, würde es mich eher in Richtung ELF ziehen, weil ich einfach glaube, dass es realistischer ist, dass dort eine Saison stattfindet. Aufgrund der besseren Bedingungen, z.B. durch Fernsehverträge, Bekanntheitsgrad etc., wird es wohl einfacher eine Saison durchzuziehen, als in der GFL. Ob ich zurück nach Wroclaw gehen würde, kann ich so noch nicht sagen. Sie haben mir aber ein Angebot gemacht und hätten mich gerne zurück im Team. Ich habe ihnen gesagt, dass ich schaue welche Angebote ich noch bekomme. Am Ende wird man sehen wo es mich hinzieht, wenn ich es nicht nach Kanada schaffe.
Bleiben wir gleich beim Thema: Wie schätzt du denn aktuell deine Chancen für den CFL-Draft ein?
Ich habe den Vorteil, dass ich zum einen 2020 eine Saison spielen konnte und immer noch im Rhythmus bin, und zum anderen weiter trainieren konnte, auch mit Thiadric Hansen zusammen. Ich habe nochmal 5 kg Körpermasse zugelegt, meine Statistiken sind durchweg besser geworden. Das spricht auch dafür, dass ich gut arbeite. Zudem war ich einer der ersten beiden deutschen Spieler, die von der Liga zum Combine nominiert wurden. Ich denke, dass meine Chancen relativ gut stehen, und ich bin sehr zuversichtlich.
Ein anderes Thema welches sich in letzter Zeit entwickelt hat, ist die Wiedereinführung der Nationalmannschaft. Wie stehst du dazu? Hast du Ambitionen fürs Nationalteam anzutreten?
Generell finde ich es gut. Das Problem an der Sache ist, dass viele gute Spieler in die ELF wollen, die Nationalmannschaft aber nur Spieler aus der GFL rekrutiert, da diese dem AFVD (Anm.d.Red.: Dachverband des American Football in Deutschland) angehört. Es ist ein Zwiespalt. Einerseits wollen viele Jungs fürs Nationalteam spielen, andererseits müsste mehr Unterstützung kommen. Viele Spieler haben sich in den letzten Jahren beschwert, dass zu viele Kosten selber getragen werden mussten. Nationalmannschaft möchte natürlich jeder spielen, aber keiner möchte in den Kosten ertrinken. Viele Jungs sind noch Studenten, oder haben einen Job, der es ihnen finanziell nicht ermöglicht. Ich selber würde natürlich auch gerne in der Nationalmannschaft spielen, aber wenn ich zum Beispiel in Kanada spiele wäre ich auch nicht zugelassen, da es eine Profiliga ist. Das würde erst gehen, wenn ich wieder in der GFL spiele.
Grundsätzlich fehlt also die Unterstützung von Verbandsseite?
Die Unterstützung fehlt! Aber wie gesagt: Mit neuen Verantwortlichen, (unter anderem Markus Ley als Sportdirektor) wird frischer Wind in die Sache kommen.
Du hast ihn eben bereits erwähnt: Markus Ley, der Präsident deines alten Vereins Cologne Crocodiles, wird neuer Sportdirektor des Nationalteams. Wie schätzt du diese Besetzung ein?
Ich finde das gut. Ich kenne Markus nun auch schon ein paar Jahre. Er ist charakterlich ein super Mensch und hat viel Herzblut in die Crocodiles gesteckt. Seine Arbeit dort muss man ihm hoch anrechnen. Mit seinem Know-how wird er die Nationalmannschaft sehr, sehr gut leiten. Aus sportlicher Sicht definitiv eine Bereicherung.
Thema ELF: Viele stehen der neuen Liga skeptisch gegenüber, da man befürchtet, dass es die guten deutschen Spieler in die ELF zieht, und die Wertigkeit der GFL dadurch sinkt. Was ist deine Meinung zur ELF? Eher Fluch oder Segen für den deutschen Football?
Für den Sport an sich ist es eine super Sache, da die Spieler endlich den Support bekommen, den sie verdienen. Von Seiten der GFL wurde da leider viel zu wenig getan. Mit der Aussage mache ich mir zwar keine Freunde, aber das ist halt meine Meinung zu dem Thema. Man weiß aber noch nicht so richtig, wo die ELF steht. Es hört sich alles gut an, auf dem Papier liest es sich gut. Eine fundierte Aussage würde ich aber erst treffen, nachdem die ersten Spiele gelaufen sind.
Fehlt dir in der GFL eher die Unterstützung von Verbandsseite, oder der Teams? Gerade bei den Teams gibt es ja auch Unterschiede.
Ja, definitiv ist es von Team zu Team unterschiedlich. Ich finde einfach, dass der Verband die Entwicklung der letzten Jahre verschlafen hat. Man könnte alles größer aufziehen, stattdessen wurde viel versäumt und sich darauf ausgeruht, dass alles so läuft. Das vorhandene Potential wurde einfach nicht ausgeschöpft. Klar gibt es bei den Teams Unterschiede, allein vom Budget und was die Bezahlung angeht. Das wird in der ELF nicht anders sein, ich sehe aber das Potenzial, dass man dort besser bezahlt wird, als in der GFL. Für viele Spieler geht es darum, dass du zumindest deine Kosten gedeckt bekommst, und nicht regelmäßig deinen Körper hinhältst und viel Zeit investierst, nur um am Ende auf deinen Ausgaben sitzenzubleiben und zuzusehen, wie sich andere die Taschen voll machen. Darauf haben viele Jungs einfach keinen Bock mehr, und deshalb wechseln auch so viele Spieler in die ELF.
Für mich absolut nachvollziehbar und eine gesunde Einstellung.
Definitiv! Man muss der Liga einfach zeigen, dass man so etwas nicht mehr mit sich machen lässt.
Kommen wir nun zur letzten Frage: Wenn du einen Wunsch für die Menschheit, oder den gesamten Planeten frei hättest, welcher wäre das und warum?
Boah, damit habe ich nicht gerechnet. Wenn es um unseren Planeten geht würde ich mir wünschen, dass behutsamer mit ihm umgegangen wird. Der Menschheit würde helfen, dass sich jeder mehr auf sich selbst fokussiert, und schaut was er erreichen kann. Mit weniger Neid versuchen das Maximale aus seinem Leben holen und an der eigenen Einstellung arbeiten. Das würde ich mir wünschen.
Und damit schließt sich das große Interviewbuch für heute. Wir vom "Sport Talk" werden seinen Weg auf jeden Fall weiter verfolgen, und würden uns freuen, wenn es mit dem Traum „Football in Kanada“ klappt.
Fotos: Lukasz Skwiot
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